(v.l.): Ulf Schlüter (Theologischer Vizepräses EKvW), Oberin Esther Selle (Vorstandsvorsitzende Kaiserswerther Verband), Pfarrerin Carolin Kremendahl, Sonja Sabel (Koordinatorin GemeindeSchwestern), Superintendentin Julia Holtz, Reinhard Quellmann (Kuratoriumsvorsitzender Diakoniewerk Ruhr Witten) und Britta Lauenstein (Ausbildungsleitung Martineum) verabschieden Marianne Anschütz (5.v.l.) als Oberin des Diakoniewerks Ruhr Witten und begrüßen ihre Nachfolgerin Frauke Gorontzi (3.v.l.).

17.08.2023

Wechsel im „schönsten Amt“

Diakoniewerk Ruhr Witten verabschiedet Oberin Marianne Anschütz in den Ruhestand. Frauke Gorontzi als Nachfolgerin eingeführt

Mit einem feierlichen Gottesdienst im bis auf den letzten Platz gefüllten Lukaszentrum und einem fröhlichen Fest hat das Diakoniewerk Ruhr Witten Oberin Marianne Anschütz in den verdienten Ruhestand verabschiedet und ihre Nachfolgerin Frauke Gorontzi ins Amt eingeführt. Zahlreiche Gäste aus anderen Mutterhäusern, Diakonie, Kirche, Gesellschaft und Politik, Mitglieder, Freundinnen und Freunde sowie Förderer waren teilweise von weit her angereist, um gute Wünsche zu überbringen.

Marianne Anschütz war 38 Jahre im Mutterhaus tätig, davon 30 Jahre als Vorstand der Evangelischen Stiftung Diakoniewerk Ruhr Witten und Oberin der Diakoniegemeinschaft. Immer wieder ist sie neue Wege gegangen, hat große Umbrüche begleitet und gestaltet und damit entscheidend dazu beigetragen, Stiftung und Diakoniegemeinschaft für die Zukunft aufzustellen. „Wir sind nicht von gestern, sondern von übermorgen“, fasst sie zusammen.

Mit dem Auftrag, eine neue Form der diakonisch-theologischen Weiterbildung zu entwickeln, war die Theologin und Erziehungswissenschaftlerin 1985 nach Witten gekommen. Die damalige Mutterhausleitung hatte entschieden, Frauen unabhängig von der Lebensform zu Diakonissen auszubilden. Dies war wegweisend für die Zukunft der Diakoniegemeinschaft: Denn seit den 1950er Jahren ging die Zahl der Diakonissen in allen Mutterhäusern stetig zurück. „Ohne die neue Weiterbildung und die neue Form von Gemeinschaft gäbe es das Mutterhaus nicht mehr“, ist Marianne Anschütz überzeugt. Mit den Teilnehmerinnen ihres ersten Kurses ließ sie sich selbst als Diakonisse einsegnen. 1993 wurde sie als Nachfolgerin von Christel Prein als Oberin eingeführt.

Damals war die Stiftung Trägerin aller Einrichtungen auf dem Gelände am Schwesternpark, zudem gab es noch Gestellungen von Diakonissen für Krankenhäuser und diakonische Einrichtungen im Ruhrgebiet und Südwestfalen. Auf dem Gelände in Witten lebten rund 100 aktive Gemeinschaftsmitglieder und Feierabendschwestern in den Feierabendhäusern, die ursprünglich als Altersruhesitz für die Diakonissen dienten. Heute gehören das Mutterhaus mit dem Lukaszentrum, das Familienzentrum, das Apartmenthaus und der Schwesternpark zum Diakoniewerk Ruhr Witten. Die übrigen Einrichtungen auf dem Gelände an der Pferdebachstraße sind im Rahmen moderner Unternehmensstrukturen Teil des Evangelischen Verbunds Ruhr und partnerschaftlich mit der Stiftung verbunden.

Die Diakoniegemeinschaft hat aktuell rund 200 Mitglieder, darunter 90 Diakonissen und 110 diakonische Schwestern und Brüder. Sie leben und arbeiten an den unterschiedlichsten Orten, kommen aber immer gerne zu den Treffen im Wittener Mutterhaus. „So eine große Gemeinschaft auf dem Weg mitzunehmen und die Zentrale wachzuhalten, erfordert ein großes Netzwerk“, betont Marianne Anschütz. In 44 Kirchengemeinden sind inzwischen Absolventinnen der diakonisch-theologischen Weiterbildung als moderne GemeindeSchwestern tätig – Tendenz steigend.

Das Thema Bildung lag Marianne Anschütz immer sehr am Herzen. In der Anfangszeit unterrichtete sie Religionspädagogik und Religionslehre am Comenius Berufskolleg. Als Geschäftsführerin des Diakonischen Bildungszentrums BIZ war sie lange für die Schulen für soziale und pflegerische Berufe auf dem Gelände in Witten verantwortlich. In Zusammenarbeit mit der Diakonie Ruhr, mit der das Diakoniewerk Ruhr Witten seit 2004 kooperiert, entwickelte sie Fortbildungen zum Thema diakonisches Profil. „Es gibt kein schöneres Amt. Die Arbeit war immer sehr vielfältig, sehr basisorientiert und seelsorgerisch ausgerichtet“, erklärt Marianne Anschütz.

In der Hospizarbeit und der diakonischen Bildungsarbeit will sich die fast 67-Jährige weiter engagieren und sich „die schönsten Sachen aussuchen“. Außerdem will sie mehr Zeit mit Familie und Freunden verbringen. Auch Aufgaben im Kaiserswerther Verband, in dem sie lange als Vorstandsmitglied aktiv war, wird sie weiterhin nachgehen.

Nachfolgerin Frauke Gorontzi freut sich auf eine „wunderbare Aufgabe“, die ihr angetragen wurde. Die 49-Jährige gehört der Diakoniegemeinschaft seit 25 Jahren als diakonische Schwester an. Seit vielen Jahren ist sie Mitglied des Rates und Kuratoriumsmitglied der Stiftung. Die Diplom-Pflegewissenschaftlerin hat nach dem Abitur zunächst eine Krankenpflegeausbildung am Ev. Krankenhaus Witten absolviert. Parallel dazu studierte sie Erziehungswissenschaften, Psychologie und Rechtswissenschaften an der Fernuniversität Hagen. Ihr Wunsch war es, in die berufliche Bildung zu gehen und Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. Bis sie 2020 die Leitung der Pflegefachschule des EvK Witten übernahm, sammelte sie Leitungserfahrungen in diversen Arbeitsfeldern innerhalb des Evangelischen Verbunds Ruhr.

Die Bildungsarbeit wird auch künftig eine wichtige Rolle spielen. Zu Frauke Gorontzis Aufgaben als neue Oberin und Vorstand der Stiftung werden der Ausbau des Mutterhauses als Bildungsstätte, die Weiterentwicklung der Fortbildungsangebote sowie die weitere Öffnung für Partnerunternehmen und neue Kooperationen gehören. „Das Mutterhaus soll ein Ort der Stärkung und Bestärkung sein, damit Menschen eine Haltung vertreten und mit Überzeugung ihre Arbeit tun können“, erklärt sie. Dass sich die Sicht auf den zentralen Ort der Diakoniegemeinschaft an moderne Zeiten angepasst hat, zeigt sich auch am Thema Residenzpflicht für die Oberin: Während Marianne Anschütz mit ihrer Familie selbstverständlich im Mutterhaus lebte und dort auch weiterhin in einer modernen WG wohnt, lebt Frauke Gorontzi mit ihrer Familie in der Nachbarstadt Herdecke.

Statt Grußworten gab es nach dem Gottesdienst eine Baumpflanzung im Schwesternpark: Alte und neue Oberin setzten gemeinsam einen Blauglockenbaum – eine Zukunftspflanze, die schnell wächst, viel klimaschädliches CO2 aufnehmen kann, mit Wärme und Trockenheit gut zurecht kommt und dabei noch wunderschön blüht. Mit leckerem Essen und einem bunten Kulturprogramm – unter anderem mit einer launigen Zeitreise durch die Mutterhausgeschichte in kleinen Spielszenen, alten Filmausschnitten, einem Gastauftritt von Thorsten Schröder, Diakon aus Herbede und Kabarettist, sowie der A-capella-Gruppe Wireless – feierten die zahlreichen Gäste gemeinsam bis in den späten Abend – einige sogar bei irischer Musik am Lagerfeuer noch bis zum nächsten Morgen.