Bereit für den Einsatz in den Einrichtungen: Zum Abschluss der Schulung stellen sich die Ehrenamtlichen, die künftig mit dem Erinnerungskoffer losziehen werden, im Medienzentrum des VfL Bochum mit den Organisatorinnen (v.r.) Leonie Röttger und Ines Hiegemann vom Alter, Pflege und Demenz Ruhr zum Gruppenfoto.
Heimspiel mit dem Erinnerungskoffer
VfL-Fans wecken als Ehrenamtliche Emotionen für ihren Herzensverein bei Menschen mit Demenz. Projekt des Regionalbüros Alter, Pflege und Demenz Ruhr
Während im Verlauf einer Demenz das Kurzzeitgedächtnis immer mehr schwindet, bleiben bedeutende und mit Emotionen verknüpfte Erinnerungen meist noch sehr lange erhalten. Sie können mit den richtigen Impulsen geweckt werden. Bei Fußballfans sind viele emotionale Erinnerungen mit dem runden Leder und dem Heimatverein verknüpft.
Dort setzt das Projekt „Heimspiel – ein Erinnerungskoffer für Menschen mit Demenz“ ein, das vom Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz Ruhr und dem VfL Bochum für die Ruhrstadt ins Leben gerufen wurde. „Im Fußball vermittelt ein Heimspiel Sicherheit, Vertrautheit und Erfolgserlebnisse“, erklärt Leonie Röttger, die das Projekt im Regionalbüro mit Ines Hiegemann koordiniert. „Das wollen wir mit dem Erinnerungskoffer auch für Menschen mit Pflegebedarf erreichen.“
Voraussichtlich ab dem Frühsommer werden Ehrenamtliche in Tandems mit dem Erinnerungskoffer regelmäßig interessierte stationäre Pflegeeinrichtungen, Tagespflegen und Pflegewohngemeinschaften für Menschen mit Demenz in Bochum besuchen. In den Koffern – zwei Stück sind insgesamt im Einsatz – befinden sich Devotionalien aus alten Zeiten und Fanartikel wie Sammelbilder, Eintrittskarten, Zeitungsartikel, Trikots, Schals oder Wimpel. Sie kitzeln Erinnerungen oder Gefühle wach und regen zu Gesprächen an. Aber auch das Singen von Hymnen und das Lauschen von Stadiongesängen fördert Gemeinschaftserlebnisse und animiert zum Schwelgen in Erinnerungen und zum Fachsimpeln. Das Material haben die Ehrenamtlichen zum Teil selbst zusammengetragen. Aber auch der VfL Bochum und Sammler Bernd Kreienbaum haben Devotionalien gestiftet.
Die Ehrenamtlichen gestalten die Besuche eigenständig kreativ. Um eine größtmögliche Kontinuität für die Menschen mit Demenz zu erreichen, kommt nach Möglichkeit stets das gleiche Tandem in eine Einrichtung. Jeder Besuch dauert zirka eine Stunde. Die Gruppengröße sollte zehn bis zwölf Teilnehmende nicht überschreiten. Um die Ehrenamtlichen auf ihre Aufgabe vorzubereiten, erhalten alle im Vorfeld eine kostenlose Schulung, die vom Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz Ruhr organisiert wird. Darin geht es unter anderem um den Umgang mit dem Krankheitsbild Demenz, um Erinnerungsarbeit und Möglichkeiten zur Gestaltung eines Gruppenangebots für die Zielgruppe.
Bisher haben 15 Ehrenamtliche, allesamt leidenschaftliche Fans des VfL Bochum, die zweiteilige Schulung absolviert. Nun freuen sie sich darauf, die Begeisterung für ihren Herzensverein an Menschen mit Demenz weiterzugeben. „Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden“, will Meinolf Vöge – private Leidenschaft und berufliche Profession. Der gelernte Altenpfleger arbeitet als Delirbeauftragter am Ev. Krankenhaus Herne-Mitte, begleitet dort ältere und demente Menschen vor, während und nach einer Operation. Dirk Thöing, VfL-Fan „mit Dauerkarte“, hat Demenz bei seiner Mutter erlebt. Nun will er älteren Menschen den Alltag verschönern und ihnen „ein Lächeln ins Gesicht zaubern“. Gaby und Christian Sonnek engagieren sich beim VfL Bochum als Volunteers. „Das Thema Erinnerungskoffer hat uns sehr interessiert“, sagt Gaby Sonnek. „Wir freuen uns, ihn einsetzten zu können.“
Zahlreiche Einrichtungen in Bochum haben bereits Interesse an einem regelmäßigen Besuch der Ehrenamtlichen mit dem Erinnerungskoffer angemeldet, darunter Tagespflegen der Diakonie Ruhr. Bochumer Einrichtungen, die ebenfalls Besuch erhalten möchten, können sich gerne an das Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz Ruhr wenden. Weitere Ehrenamtliche sind ebenso herzlich willkommen. Weitere Informationen: 0234 79631513 oder ruhr@rb-apd.de
