(v.l.) Moderator Constantin Decker (Pfarrer Ev. Kirchengemeinde Bochum), Heike Buschmann (Referentin im Geschäftsfeld Familie und junge Menschen bei der Diakonie RWL), Friederike Arenth-Hippert (Beraterin und Mediatorin im Ev. Beratungszentrum), Künstlerin Dolors Planiol, Jule Weber (Poetry Slammerin, Lyrikerin und Autorin) und Elisa Berner (Institut für Hebammenwissenschaft der Universität Bonn) diskutieren auf dem Podium über gesellschaftliche Anforderungen und Erwartungen an Mutterschaft.

12.05.2025

„Eine Mutter, die alle Erwartungen erfüllt, ist ein Mythos“

Podiumsdiskussion zur Ausstellung „On Motherhood“ beleuchtet gesellschaftliche Anforderungen und Erwartungen an Mutterschaft

Mit dem Mythos Mutterschaft hat sich eine Podiumsdiskussion im Rahmen der Ausstellung „On Motherhood“ beschäftigt, die das Ev. Beratungszentrum für Ehe-, Erziehungs- und Lebensfragen, Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung in Kooperation mit der Ev. Kirchengemeinde Bochum noch bis Dienstag, 13. Mai 2025, in der Bochumer Pauluskirche zeigt. Dabei wurde deutlich, dass gesellschaftliche Anforderungen und Erwartungen an Mutterschaft einen Druck auf Frauen aufbauen, dem sie nicht gerecht werden können.

„Eine Mutter, die alle Erwartungen erfüllt, ist ein reiner Mythos“, betonte Elisa Berner vom Institut für Hebammenwissenschaft der Universität Bonn. Absurde Anforderungen, die Eltern – insbesondere Mütter – gar nicht leisten könnten, führten dazu, dass Eltern im Schnitt unglücklicher seien als Nicht-Eltern. „Dabei werden Kinder als Quelle von Glück beschrieben.“ Doch nach Außen werde eine geschönte Wahrheit präsentiert, insbesondere auch in den sozialen Medien.

Jule Weber, Poetry Slammerin, Lyrikerin und Autorin, berichtete zur Einführung in einem eindrucksvollen Text von ihren eigenen Erfahrungen. Sie wurde mit 16 Jahren ungeplant schwanger, entschied sich das Kind auszutragen – und war sowohl vor als auch nach der Geburt ihrer Tochter ständig mit wildfremden Menschen konfrontiert, die sie ungefragt belehrten, was richtig oder falsch sei. Aufgrund ihres Alters „als in der Gesellschaft als falsch wahrgenommene Mutter“ wurde sie zusätzlich stigmatisiert. „Ich bin in den ersten Jahren über meine Grenzen gegangen, um nicht dem RTL-2-Klischee der asozialen, überforderten Brennpunktmutti zu entsprechen“, erzählte sie.

Die Ambivalenzen rund um das Thema Mutterschaft zwischen Fürsorge, Überforderung, Selbstfindung und gesellschaftlichen Erwartungen hat Künstlerin Dolors Planiol in der Ausstellung „On Motherhood“ eindrücklich festgehalten. Sehr persönlich, aber doch anonymisiert, hat sie die Geschichten der Frauen dargestellt. „Es geht mir darum zu erzählen, was für einen Druck die Gesellschaft auf Frauen ausübt“, erklärte sie. „Alles dreht sich um die Kinder, nicht um die Frauen.“

Klassische Rollenbilder trügen ebenfalls dazu bei, überzogene Erwartungen an Mutterschaft weiter zu tradieren, sind sich die Teilnehmerinnen bei der von Pfarrer Constantin Decker moderierten Podiumsdiskussion einig. „Mütterlichkeit sollte eine gesellschaftliche Aufgabe sein und von Frauen und Männern gelebt werden“, sagte Heike Buschmann, Referentin im Geschäftsfeld Familie und junge Menschen bei der Diakonie RWL. „Bei der Erziehung eines Kindes sind beide Elternteile in der Verantwortung“, ergänzte Friederike Arenth-Hippert, Beraterin und Mediatorin im Ev. Beratungszentrum der Inneren Mission – Diakonisches Werk Bochum.

„Das Schönste wäre, wenn es kein starres Ideal mehr gäbe“, betonte Elisa Berner. Durch Entwicklungen hin zu einer gleichberechtigteren Gesellschaft sieht sie aber positive Ansätze. „Mit dem Aufbruch steigt die Zufriedenheit in der Bevölkerung.“ Auch Jule Weber ist wichtig, dass die Bedürfnisse der Mütter selbst nicht in Vergessenheit geraten. „Mütter sind die besseren Mütter, wenn sie satt sind, genug geschlafen haben, und Dinge tun können, die für sie erfüllend sein können.“

Die Ausstellung „On Motherhood“ endet am Dienstag, 13. Mai 2025, mit einer Finissage von 12 bis 14 Uhr – mit Andacht, anschließenden Gesprächen, Live-Musik und Mittagsimbiss in der Pauluskirche, Grabenstraße 9, 44787 Bochum. Sie ist eine Kooperation zwischen der Künstlerin Dolors Planiol und dem Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen Lippe (Diakonie RWL). Neben den persönlichen Geschichten der Frauen stellt die Ausstellung auch die Arbeit der evangelischen Schwangerschafts(konflikt)beratung in Nordrhein-Westfalen dar.